Ein Mann für weiche Formen

Hans-Erich Slanys Design bei Bauer

Jürgen Lossau, 08. Juni 2020

„Dem Zeitgeschmack entsprechen – und zwar dem heutigen und dem zukünftigen“, so sah Hans Erich Slany seine Aufgabe als Produktdesigner. Der Esslinger Diplom-Ingenieur, Jahrgang 1926, machte sich 1956 selbstständig. Zuvor als Entwickler in der Metallwarenfabrik Ritter tätig, wo er zum Beispiel „ergonomische Wasserkessel“ entwickelte, ging er danach zu Daimler-Benz und wagte schließlich, mit Aufträgen von Ritter in der Tasche, den Sprung ins freiberufliche Leben. Sein Design prägt später die Super-8-Filmkameras und Projektoren der Bosch-Tochter Bauer.

Entwurf der Bauer A512

Schon 1958 beginnt die Zusammenarbeit mit Bosch, eine Autofanfare wird Slanys Visitenkarte zum Einstieg. Und dann, Schlag auf Schlag, Kindergeschirr aus Plastik, ein Fugzeug-Cockpit, Leitz-Stehordner, Kärcher Autoreinigungsanlagen oder Bosch Bohrmaschinen.

1956 wirkt er an einem Fotoapparat mit. Für Zeiss Ikon entsteht die erste Kleinbildkamera aus Kunststoff (Melamin), die im Görzwerk, Berlin, gefertigt wird. Bei einem Spott-Preis von DM 98,–, gewölbten Formen und besonderer Farbgebung sollen vor allem Frauen als Käuferinnen motiviert werden. „Ich hatte hier erstmals Gelegenheit, am Design einer Kamera bei Heinz Löffelhardt mitzuwirken“, erklärt Slany.

Ab 1970 entwickelt Slany auch das bekannt bullige Design der Bosch-TV-Kameras, damals die kleinste Farbstudiokamera der Welt, von denen über 1.000 Stück in den Ateliers der Fernsehanstalten standen.

Filmgeräte im Softline-Design

Ende der sechziger Jahre beginnt seine Arbeit für die Bosch-Tochter Bauer. Bei Projektoren entsteht die Softline-Form. Slany: „Auf Ecken und Kanten wird verzichtet, was die Geräte handhabungsfreundlicher macht. Jede unnötige Verzierung, zum Beispiel durch Chromleisten, fehlt. So ist die weiche klare softline-Form entstanden. Auch die Filmkameras haben sehr weiche, handfreundliche und funktionelle Formen.“

Bauer-Projektor der Studio-Klasse

Slany und sein Team gehen den Weg mit Bauer gemeinsam. 1977 freut sich Bosch in doppelseitigen Anzeigen über 43 Geräte aus eigener Produktion, die vom Design Center Stuttgart ausgezeichnet werden. 26 davon kommen von Slany Design.

Auch die hochentwickelte A 512, unter der Arbeitsbezeichnung alpha R 10 entwickelt, ist ein Pferd aus Slanys Stall. Doch die Designer können sich hier nicht so austoben, wie sie es gern tun würden. „Erschwerend für uns war, dass wir eine Reihe von vorhandenen Kamerateilen aus Kosten- und Zeitgründen verwenden mussten. Nur die seitlichen Abdeckungen, das obere Bedienfeld und die Oberflächen für Griff und Objektiv – sowie die Farbe der Kamera – konnten wir neu gestalten. Das Design aller damals produzierten Bauer Filmkameras wurde im Erscheinungsbild diesem Entwurf angepasst“, erinnert sich Slany.

Bauer A512

Beim Aufkommen der klobigen Autofocus-Einheiten macht Slany mit der Bauer AF 2000 einen Vorschlag, dieses Element elegant in den Kamerakörper zu integrieren und nicht, wie bei Bell & Howell, Chinon oder Elmo, geschwürartig über die Optik zu klotzen. Die schlanke braune Kompaktkamera verharrt aber auf dem Zeichenpapier, weil alle Energien in die große Bauer S 715 XL microcomputer fließen. „Diese hochwertige Tonkamera war die letzte wesentliche Eigenentwicklung von Bauer“, weiß Slany.

Entwurf der Bauer AF2000 mit Autofokus-Einheit.

Agiler Honorarprofessor

Doch der Mann bleibt agil. 1983 wird er zum Honorarprofessor am Fachbereich Design der Berliner Hochschule für Künste ernannt. Drei Jahre später gründet er den Studiengang Investitionsgüterdesign an der Stuttgarter Akademie der bildenden Künste. Dort leitet er den Lehrstuhl als ordentlicher Professor bis 1992. Seine Firma Slany Design GmbH, an der seit 1987 auch zwei langjährigen Mitarbeitern Anteile gehören, heimst über 900 Auszeichnungen ein.

Beim Rückblick auf die Ära Schmalfilm amüsieren Slany besonders die ewigen Versuche, Frauen hinter die Filmkamera zu bekommen und sie so ständig in Anzeigen zu präsentieren. „Das ist Werbung für Frauen – von Männern gemacht, aber eben auch mit dem Denken von Männern“, lacht Slany und wundert sich nicht, dass alle Versuche, Frauen fürs Filmen zu gewinnen, damals in der Regel fehlgeschlagen sind. Schmalfilmen – scheinbar doch reine Männersache.

Hans-Erich Slany, der 1926 in Böhmisch Wiesenthal, Tschechoslowakei, geboren wurde, starb im September 2013 in Esslingen am Neckar. Er ist Träger des Verdienstkreuzes am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland.

Entwurf alpha r10 – später Bauer A512.

 



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