Nie im Fernsehen oder Kino. Nur auf Super 8.

„Die Lady aus dem Weltraum“

Jürgen Lossau, 01. März 2018

Die silberfarben bekleidete Tona entsteigt über eine heruntergelassene Rampe ihrem vierbeinigen Raumschiff. Ein ebenfalls in Silberfolie gewandeter Hund trottet hinter ihr her. Zur Vervollständigung seiner außerirdischen Erscheinung dient ein kleines Geweih. Nun fährt noch, wie von Geisterhand gerührt, ein schicker Mercedes aus der Fliegenden Untertasse. Tona steigt ein – nicht bevor sie ein paar Hüllen fallen lässt, indem sie sich ihres glitzernden Overalls entledigt. Eine Paraderolle für Vivi Bach, die schöne Blonde aus Dänemark.

Aus der Luft naht ein Verfolger. Schauspieler Dietmar Schönherr steckt in der Glaskuppel dieses Fliegers, der sich aufmacht, die außerirdische Lady zu stellen. Schon ist Schluss. Denn an dieser Stelle ist die erste Super-8-Rolle mit rund 15 Metern Film zu Ende. Und auch, um das Ereignis weiter mit Ton verfolgen zu können, ist es jetzt angeraten, die Schallplatte zu wechseln.

„Die Lady aus dem Weltraum“ gestaltet sich etwas mühsam: Der Farbfilm von 1971 ist in sieben Teile zerstückelt, die jeweils nur drei Minuten lang Szenen auf die Leinwand bringen. Und weil der Sound zum Streifen auf Singles vorliegt, müssen diese per Piepston vom Plattenteller und Startkreuz auf dem Film synchronisiert werden. Wie lange die Ereignisse in Bild und Ton zusammen laufen, ist dem Zufall überlassen. Knapp 23 Minuten netto werden vergehen, bis die kleine Liebesgeschichte zwischen der geheimnisvollen Lady und ihrem polizeilichen Verfolger in Luft aufgeht – und Schauspielerin Vivi Bach den Planeten Erde erstmal wieder verlassen muss. In der Realität blieb ihr das erspart: Sie und Dietmar Schönherr, die Hauptdarsteller dieser Science-Fiction-Romanze, waren in der Tat nicht nur ein echtes Liebespaar, sondern auch 48 Jahre lang verheiratet.

„Die Landung“, so der Untertitel des ersten Teils. Teil 2 ist dann „Die Verfolgung“ durch den Chef der Welt-Sicherheitsabteilung Schönherr und einen Kollegen. Über „Die Notlandung“ der beiden und „Die Entführung“ der Außerirdischen wird die Geschichte ein wenig in die Länge gezogen. „Das Verhör“ und „Die Befreiung“ leiten zum Happy End über, wenn da nicht der Notruf aus dem All käme: „SOS – Raumflotte“. So muss die silberne Vivi den liebgewonnenen Kriminalisten Dietmar doch noch mal verlassen. Und öffnet damit Tür und Tor für eine mögliche Fortsetzung der Schmalfilmgeschichte. Doch dazu ist es nie gekommen.

Film mit Schallplatte

Ausgedacht hat sich dieses Super-8-Spektakel die 1969 gegründete Hamburger Produktionsfirma Cinetronic Filmvertriebs- und Produktionsgesellschaft. Bei dem Film soll es sich um die einzige Produktion handeln, die ausschließlich als Kauffilm auf Super 8 angeboten wurde. Accentfilm, Neckermann und Piccolo besorgten den Vertrieb. 1973 brachte die UFA eine 120-Meter-Version auf einer Spule heraus, allerdings als trostlosen Stummfilm. Ins Kino oder ins Fernsehen schaffte es der Streifen nie.

Viele Einstellungen des Machwerks spielen irgendwo auf dem Lande – in heute als legendär angesehenen Karossen von Citroën und Mercedes mit französisch anmutenden Kennzeichen. Aber eine Reihe von Stadtszenen wurde in Hamburg gedreht. Auf dem Dachgarten eines Gebäudes agieren Vivi und Dietmar – im Hintergrund kann man den Fernsehturm, den Schanzenturm und auch das frühere BAT-Hochhaus bewundern. Möglicherweise wurden diese Bilder auf dem Axel-Springer-Haus gedreht.

Die Geschicke der Produktionsfirma wurden aus der Hagedornstraße 11 im feinen Harvestehude gelenkt. Sicher hatte man sich erhofft, an den Erfolg der TV-Serie „Raumpatrouille“ anknüpfen zu können, in der Schönherr Ende der 1960er Jahre Commander des Raumschiffs Orion war. Doch daraus wurde nichts. Weitere Filme der Cinetronic sind nicht bekannt – weder auf Super 8, noch in einem anderen Format.  Jedoch wurde die Firma erst 2005 aufgelöst. Der letzte Geschäftssitz war in der Hermann-Weichmann-Straße 59. Als Geschäftsführerin fungierte Rosemarie Gräfin von Hardenberg, Jost Rudolf Graf von Hardenberg war Liquidator.

Eine etwas lieblos digitalisierte und vertonte Fassung der „Lady aus dem Weltraum“ hat es immerhin auf den Internetkanal Youtube geschafft. Unter dem nachfolgenden Link können Sie Vivi, Dietmar und dem sprechenden Hund aus dem All nachspüren.

  1. Teil: http://bit.ly/2cwzrgj
  2. Teil: http://bit.ly/2d0FHTD


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