Ein echter Stephen King – auf Super 16

„Delver Glass“

Jürgen Lossau

Matthias Greving aus Bremen hat mal eben beim Starautor Stephen King angeklingelt, ob er eine seiner Kurzgeschichten verfilmen dürfe. Er durfte. Denn King hat den „Dollar Baby“-Wettbewerb ins Leben gerufen, der es ermöglicht, gegen die symbolische Zahlung von einem Dollar Filmrechte zu erwerben. Greving, eigentlich freiberuflicher Oberbeleuchter bei Radio Bremen und mit eigener, kleiner Produktionsfirma unterwegs, wollte unbedingt mal einen Super-16-Kurzfilm drehen. Das ist ihm jetzt gelungen – und das Werk heißt „Delver Glass“. Im Interview verrät er, wie der Dreh unter seiner Regie lief und warum Greving eigentlich ein Super-8-Kind ist.

Einen Film nach einer Kurzgeschichte von Stephen King zu drehen – wie bist du denn auf die Idee gekommen?

Matthias Greving: Durch Zufall bin ich über den Wettbewerb „Dollar Baby“ gestolpert, in dem Stephen King es ermöglicht, gegen einen symbolischen Dollar Storys von ihm zu verfilmen und so habe ich mich bei Stephen King beworben. Ich hätte nicht gedacht, eine Chance zu bekommen, die Rechte zur Verfilmung einer Kurzgeschichte von ihm zu erhalten. Zum Zeitpunkt meiner Anfrage 2010 gab es weder von der Geschichte „Delver Glass“ eine Verfilmung noch gab es in Deutschland einen Dollar-Baby-Teilnehmer. Zunächst bekam ich gar keine Antwort. Nach einer Weile habe ich es zum zweiten Mal probiert und diesmal hatte ich nach drei Tagen die Antwort. Kurz darauf bekam ich den Vertrag – und musste den Dollar, den man bezahlen muss, in einem Umschlag nach Amerika schicken.

Was ist das für eine Geschichte?

„Delver Glass“ ist von 1969 und es ist die zweite jemals von Stephen King veröffentliche Kurzgeschichte. Ganz viel Spannung, ein wenig Horror.

Im Haus des Delver Spiegels: Einleuchtung des Sets

Wie sehen die Bedingungen des Wettbewerbs aus?

Bedingung ist: Der Film bleibt ein non-kommerzielles Projekt, er kann nur auf Festivals und für die eigene Show Reel benutzt werden. Man muss Stephen King dann den fertigen Film schicken. Es kann dazu kommen, dass er den Film in eine DVD der „Dollar Baby Collections“ mit aufnimmt.

Jetzt ging die Arbeit richtig los, oder?

Ja, ich habe die Story umgestrickt und Freunde sowie Kollegen mit ins Boot geholt. Lür Wangenheim ist ein renommierter Kameramann, der unzählige Produktionen für ARD, Arte und 3Sat gemacht hat – aber bislang nie auf Film drehte. Und er sagte: Na gut, dann drehen wir halt auf Film. Bei Sichtung unserer Test wurden seine Augen immer größer: „Ist ja super, wie man mit dem Licht arbeiten kann.“

Warum musste es denn Super 16 sein?

Ich habe die Kurzgeschichte gelesen und hatte sofort die Bilder im Kopf: das Haus, in dem wir später gedreht haben und auch den Look: Zeitlos, die Dichte und das Enge der Geschichte stützend. Dieses Gefühl von Bedrängnis. Für mich war das ganz klar nur mit Film möglich – Super 16. Ich bin durchaus auch mit Videoformaten gut vertraut. Aber der Luxus heutzutage ist doch, auszuwählen, was zum Projekt passt.

Mit welchem Negativmaterial wurde gedreht?

Nach Testaufnahmen haben wir entschieden: Wir drehen alle Innensequenzen auf 250 ASA. Draußen wollten wir eher ein sehr blaues Bild haben, die Nacht wurde auf 200 ASA gedreht. Das war alles problemlos möglich. Glaubt man gar nicht, bei all dem, was man heute so gesagt bekommt!

Delver Glass

Genre                           Horror, Suspense

Produktionsjahr         2012

Drehorte                      Bremen, Niedersachsen

Länge                           19 Minuten

Aufnahmeformat       Super 16mm, 1:1,85, Color

Projektionsformat      35mm, 1:1,85, Color, Dolby Digital, DCP

Originalversion            Englisch

Untertitel                      Englisch, Deutsch

Die Kamera wurde eigens für den Dreh angeschafft?

Ja, eine gebrauchte, komplett überholte Arriflex SR3 advanced, aber mit eingebautem Belichtungsmesser. Ich bekam dann eine Kamera, von der ich nur sagen kann: So habe ich mir das immer vorgestellt, so muss sie aussehen!

Kameramann Lür Wangenheim mit der Arriflex SR 3 advanced

Super 16 ist ein teurer Spaß. Woher sollte das Geld für das Projekt kommen?

Ursprünglich sind wir davon ausgegangen, dass wir alle reichlich private Mittel in den Film stecken müssen. Dann haben wir gesagt: Wir versuchen mal, dieses Projekt in die föderale Filmförderung zu geben. Wir haben den Film bei der Nordmedia in Bremen vorgestellt, dann eingereicht und waren geplettet, als es eine Zusage in der von uns gewünschten Höhe von 35.000 Euro gab.

So wurde es uns auch möglich, gute, professionelle Schauspieler zu suchen. Wir haben ja auf Englisch gedreht und es gibt ja nichts Peinlicheres, wenn zum Beispiel durchaus gute deutsche Schauspieler dann einen schrecklichen Akzent haben.

Wie ging die Auswahl vonstatten?

Mir war wichtig, dass es einen Theaterhintergrund bei den Schauspielern gab, weil es ein Kammerspiel ist. Ich habe dann mit Agenturen Kontakt aufgenommen. So habe ich Jeff Burrell gefunden. Und der kannte Matthew Burton, der für die zweite Rolle perfekt passte.

Was hat denn nun das gesamte 20-minütige Werk gekostet?

Knappe 60.000 Euro. Ohne Förderung hätten wir für den Film kaum mehr als 10.000 Euro aufbringen können – ohne Schauspiel-Profis.

Die Story

Ein Mann versucht vergeblich einen anderen vor dem drohenden Fluch zu bewahren, der auf dem Delver Spiegel lastet. Er warnt den Todgeweihten eindringlich und schildert ihm die mysteriösen Legenden und die heimtückische Natur des Delver Spiegels. Dabei ist er nie zu durchschauen…

Stück für Stück bahnen sich Carlin und Spangler den Weg durch das Labyrinth aus staubigen Fluren, bis sie die Tür zum Dachboden erreichen. Spangler hat alle Warnungen des immer ängstlicher werdenden Hausangestellten Carlin ignoriert und betritt töricht den dunklen, unheilbringenden Dachboden, auf dem der Spiegel sich befindet. Johnson Spangler ist besessen – so blind wie der Adonis am Fuß der Wendeltreppe. Er muss diesen Spiegel besitzen. Als er in ihn hineinstarrt, bemerkt er plötzlich eine kleine Macke, einen Riss oben links in der Ecke des Spiegels. Eine Erkenntnis, gefolgt von niederschlagendem Grauen. Jetzt versteht er. Jetzt ist es zu spät.

Wie aufwendig war der Dreh?

Wir hatten neun Drehtage. Gedreht haben wir 2.700 Meter, das Drehverhältnis war 1:10.

Der Hintergrund verrät es: Hier wird mit hohem Aufwand beleuchtet

Dieser Kurzfilm war der erste, bei dem du Regie geführt hast. Gab es denn schon vorher einen Hang zum Thema Schmalfilm?

Ich war in der siebten Klasse und es gab eine Film-AG an unserer Schule. Der zuständige Lehrer hat mich damals auf die Zeitschrift schmalfilm hingewiesen. Bis ins Jahr 2000 hinein haben wir ein Exemplar zusammen gelesen, danach habe ich selbst abonniert.

Wow, lustig! Und wann kam es zur ersten Berührung mit Film?

Meine Eltern hatten einige Super-8-Filme. Im Alter von sieben Jahren entdeckte ich die und wollte wissen, was man damit macht. Wir haben uns dann einen Projektor ausgeliehen und die Filme angeschaut. Später habe ich mir 16-mm-Material von der Bildstelle ausgeliehen. Mit 12 Jahren machte ich dann den Vorführschein für Projektoren.

Kritischer Blick in die Linse – vor der nächsten Szene

Und die erste Kamera?

1997 habe ich dann gesagt: Ich möchte unbedingt selbst Super-8-Filme machen. Auf dem Bremer Flohmarkt hat mir meine Großmutter meine erste Super 8 gekauft, eine Bauer Tonfilmkamera. Bei Photo Dose habe ich dann die letzten vier Kodachrome 40 Soundfilme gekauft – mir war damals gar nicht klar, dass es die dann nicht mehr geben würde. Auf der Klassenreise habe ich den ersten Film gedreht.

Drehst du heute noch mit Super 8?

Oh ja! Mit einer Canon 1014 XL-S, einer Nizo 801 macro, der 561 macro und einer S 800. Mit diesen drei Nizos, seit 25 Jahren nicht gewartet, habe ich letztens bei einem Konzert Zeitrafferaufnahmen gemacht, die ich mittels iPhone gesteuert habe. Die Kameras liefen über zwei Tage nur 30 Sekunden auseinander. Da war ich schwer beeindruckt. Man kann es online sehen:

Fotos: Matthias Greving



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